Die Natur zieht sich zurück – das Leben im Winter draußen
Im Winter kehrt der Jäger Orion mit seinem Schwert an seine auffällige Position über dem südlichen Horizont zurück. Das Wetter wird dramatisch kälter und die Nächte dehnen sich aus. Winter ist eine Zeit der Extreme. Sie kann gefährlich kalt sein, aber auch von stiller Schönheit.
Die Sonne geht spät auf und neigt sich deutlich mehr Richtung Süden als im Sommer. Zum Mittag macht sie einen flachen Bogen im Süden, kaum wenige Handbreit über dem Horizont, und verschwindet kurz danach wieder.
Zeit sich zurückzuziehen
Viele Menschen bevorzugen das Zuhause bleiben im Warmen, was zweifelsohne gemütlich ist. Schließlich ist diese dunkle Jahreszeit auch eine Zeit des Rückzuges. Die Natur selbst macht es vor. Die Bäume haben die Blätter abgeworfen und den Saft in den Stamm zurückgezogen, so wie es die meisten Pflanzen mit ihren Wurzeln auch tun. Viele Tiere halten Winterschlaf wie Haselmaus, Siebenschläfer, Braunbär, manche nur Winterruhe, wie Eichhörnchen und Dachs, die gelegentlich rauskommen, um Nahrung zu suchen. Aber auch der Stoffwechsel wird zurückgefahren. Denn wenn sich die Pflanzen zurückziehen, haben die Pflanzenfresser wie Rehe und Hirsche kaum Nahrung. Aber diese halten keinen Winterschlaf, also haben sie eine harte Zeit vor sich. Die Kälte ist vielleicht nicht das Problem, aber der Mangel an Nahrung und Schutz ist ein allgegenwärtiges Thema. Und so kommen die Tiere auch schon mal näher an menschliche Siedlungen ran.
Diese Zeit des Rückzuges wird auch von vielen Menschen gerne für Räucherrituale zu den Rauenächten genutzt, um sich in Stille zu besinnen. Das vergangene Jahr zu betrachten und zu spüren, was das kommende Jahr bringen wird.
Harte Zeit zu (Über-)leben
Draußen zu sein ist eine Prüfung, ob man fit ist und seine Fähigkeiten beherrscht. Die Kleidung sollte geeignet sein, also Feuchtigkeit und Wind abhalten, aber auch gut isolieren. Gut sind hier mehrere Schichten. Die Taschenlampe wird viel benutzt, und so sollten die Akkus geladen sein oder frische Batterien verwendet werden.
Dabei kann man durchaus zwischendurch mal an die Tiere denken, die immer draußen in den Bedingungen leben müssen. Als Beispiel ein Rotkehlchen, das im Winter hier bleibt. Es wiegt gerade mal 15g, muss aber immer eine Körpertemperatur von 42°C halten. Hat nachts keinen warmen Schutz, die Nahrung, wie Würmer und Insekten, ist sehr knapp und noch dazu sind ein Haufen Fressfeinde unterwegs. Wenn man alle, die eine Gefahr für den kleinen Vogel darstellen, aufzählt, kann man auf gut dreißig Feinde kommen. Und das Rotkehlchen beschwert sich nicht, sondern „macht seinen Job“ und lebt einfach und singt morgens als Erstes.
Mäuse werden von Greifvögeln, Eulen, Fuchs, Katze, Marder usw. gefressen. Rehe und Wildschweine z.B. von Wölfen und Luchs. Singvögel werden von Sperber und Habicht gejagt.
Trotzdem rausgehen
Sollte man in einem Gebiet leben, in dem der Schnee sehr hoch liegt, ist selbst die Fortbewegung sehr anstrengend, und gerade das braucht viel Energie, wobei genau die Mangelware ist. Noch schwieriger wird es für die, die Fressfeinde haben.
Die Vögel zu füttern ist absolut empfehlenswert und hilfreich und so respektiert man die Natur nicht nur, sondern hilft ihr auch.
Aber wir Menschen können trotzdem auch rausgehen und den Winter erleben. Wer nur im Sommer draußen campen geht, verpasst möglicherweise ¾ des Lebens. Gut vorbereitet muss es nicht unkomfortabel sein. Ein guter Schlafsack, ein Tarp gegen den Wind und evtl. Feuer, wenn das möglich ist, ermöglichen tolle Erlebnisse. Dafür muss man aber dahingehen, wo die Erlebnisse sind. Also kleine Mikroabenteuer unternehmen. Hinterher kann man stolz sein, dass man die Kälte ausgehalten hat. Eine kleine warme Mahlzeit, etwa eine Tomatensuppe, ist einfach umzusetzen.
Besonders mit Freunden ist das eine tolle Gelegenheit, die langen dunklen Abende zu verbringen. Der Winter ist die Zeit des Schnitzens und Geschichtenerzählens. Wer kennt das nicht, wenn das Holz noch etwas feucht ist, man möchte ein großes wärmendes Feuer, aber es brennt nicht gut an und raucht noch. Im Rücken ist es kalt, und wenn man das Feuer kurz verlässt, merkt man nichts mehr von der Wärme.
Aber man kann auch lernen mit der Kälte umzugehen. Da kann man schon früh im Jahr damit anfangen, also kalt duschen und mit geöffnetem Fenster schlafen. Gut ist es auch, im Winter immer wieder rauszugehen, das muss nicht lang sein, ein Spaziergang reicht, und so setzt man sich immer wieder der Kälte aus und gewöhnt sich daran. Dann ist man abgehärtet und wundert sich im Frühling, wie warm einem ist.
Den Winter genießen
Glück hat, wer in eine Gegend ist, wo es schneit. Die Landschaft, bedeckt durch die weiße Decke, ist ein magischer Anblick, beim Laufen knirscht es und der Schall wird in der Landschaft ganz anders reflektiert. Das Licht wirkt manchmal fast bläulich. Ist der Schnee nicht zu dick, lässt sich toll Spuren lesen. Jetzt ist es (theoretisch) einfach, und man kann mal einer Reh- oder Fuchsfährte über viele Kilometer folgen und deren Geschichten entdecken.
Aber auch in Gebieten ohne Schnee, kann man raus gehen. Es ist alles feucht und dunkel, aber die Stille lässt sich trotzdem erleben. Zum Beispiel am Sitzplatz mit einer Meditation oder einfach nur erweiterten Sinnen.
Und wenn der Februar naht, kann man schon mit den ersten Pflanzen, wie dem Scharbockskraut rechnen, welches selbst noch die laublose Zeit für Licht nutzt und uns mit den so ersehnten Vitaminen versorgt.